Digitale Medizin
Die Chancen einer zunehmend digitalen Medizin

17.12.2019
Melanie Ambros von Zühlke Engineering präsentiert den Medical Digital Twin. (Foto: HKSÖL/MIKES)
Melanie Ambros von Zühlke Engineering präsentiert den Medical Digital Twin. (Foto: HKSÖL/MIKES)

Die Medizin wird zunehmend digital. Experten sehen darin neue Möglichkeiten für eine bessere Gesundheitsversorgung.

Stefan Häbich, Managing Director von George Labs, beschreibt die neuen Herausforderungen an Institutionen jeder Art. „Die Generation Z wurde zwischen 1995 und 2005 geboren. Diese Generation geht anders mit Banking und auch Gesundheit um. Sie ist die erste Generation, die komplett digital aufwächst.“

„Wir müssen beginnen, uns radikal zu verändern, sonst werden wir verändert werden", sagt Stefan Häbich, Managing Director von George Labs.

Telemedizin als Ergänzung

Dr. med. Andrea Vincenco Braga, MBA, ist u. a. Vorstand der European Society for Telemedicine and eHealth. Für ihn ist Telemedizin kein Ersatz für die persönlichen Arztbesuche. Er sieht sie als Ergänzung.

„Telemedizin begleitet mich seit 15 Jahren", sagt Dr. med. Andrea Vincenco Braga, MBA.

Telemedizin reicht von der telefonischen Beratung über die Befundung aus der Ferne bis hin zur Chirurgie mittels Roboting. Braga sieht hier enormes Sparpotenzial. So muss man z. B. Experten in vielen Fällen nicht teuer einfliegen lassen. Für Braga ist Telemedizin kein neues Phänomen unserer Zeit. Bereits 1879 sei über das Telefon ein Kind anhand des charakteristischen Hustengeräusches auf Keuchhusten untersucht worden ist.

Die Herausforderungen

Herausforderungen heute sind u. a.

  • das Kostenwachstum,
  • zu wenige Ärzte,
  • hohe Weiterweisungsraten und
  • die Versorgungsproblematik in der Grundversorgung.

Ein weiteres Problem sei, dass in Österreich über 40 % der ausgebildeten Mediziner nie im kurativen Bereich hier im Land tätig würden. Das sieht man bereits beim Vergleich der Geschlechter: 30 % der Ärzte sind Frauen. Aber die Absolventen eines Medizinstudiums sind zu mehr als 50 % weiblich.

Vorbild Schweiz

Die Schweiz hat seit zwei Jahren mit eedoctors.ch ein sehr gut eingespieltes System. eedoctors hat den Status einer Klinik. Alle Ärzte sind Fachärzte. Über 93 % der Probleme können über die Videokonsultation erledigt werden. „Wir können Diagnosen stellen, Rezepte und Krankmeldungen ausstellen und Therapien verordnen. Und wir sind von den Krankenkassen anerkannt. Rechnungen können ganz normal eingereicht werden.“

Krankenhausaufenthalte reduzieren

Braga meint auch, dass viele Menschen in Krankenhäusern landen, die das nicht benötigen. Nach kompetenter telefonischer Beratung reduziere sich diese Zahl drastisch. Der Grund sei, dass die meisten Gründe für Besuche beim Arzt „medizinische Leichtgewichte“ seien. Mit einem ausgereiften Telemedizin-System, wie die Schweiz das hat, kann man die Rate an Self-Care enorm anheben – nicht aus finanziellen Gründen, sondern weil es einfach nicht nötig ist, wegen jedes Leidens ins Krankenhaus zu kommen.

Was ist heute möglich?

Melanie Ambros von Zühlke Engineering sieht das Thema von der technischen Seite. Sie präsentiert den Medical Digital Twin. So wie Google Maps eine digitale Kopie einer Strassenkarte ist, soll das auch im medizinischen Bereich mit Menschen möglich werden. Medizinische Daten werden gesammelt und gespeichert. Ebenso sammeln wir selbst Daten über Handy, Schrittzähler etc. So wird ein von Zühlke Engineering entwickeltes System am Körper getragen. Es erhebt über Sensoren Gesundheitswerte und gibt Medikamente zur richtigen Zeit in der richtigen Dosierung ab. Der Medical Digital Twin hilft auch Patienten dabei, aktiv selbst darauf zu achten, dem Körper Gutes zu tun. Das startet beim Schrittzähler, der an Inaktivität erinnert, und reicht bis zu komplexeren medizinischen Themen.

Auch ein „HoloDoc“ ist ein gutes Beispiel für die technischen Möglichkeiten, Telemedizin anzubieten. Das Hologramm des Arztes erscheint tatsächlich und direkte Interaktion wird möglich.

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