Gold, Geld ... oder lieber grün?
Interview mit Robert Löw, Vorstandsvorsitzender der Liechtensteinischen Landesbank

23.05.2022
Goldbarren gestapelt, (c) GettyImages
In unsicheren Zeiten boomt Gold durch seinen Status als Krisenwährung. © GettyImages

Robert Löw ist ein ausgewiesener Experte für Trends im Anlagebereich. Wir sprachen mit ihm über aktuelle Entwicklungen und die Zukunft der Investitionen.

hub: Wie hat sich das Investitionsverhalten der Anleger in den letzten Jahren verändert?

Robert Löw: Die über das letzte Jahrzehnt fallenden Renditen von Anleihen, Festgeldern und Sparbüchern haben auch bei konservativeren Anlegern eine zunehmende Verschiebung des Investitionsvolumens von diesen festverzinslichen Investments hin zu Sachwerten ausgelöst.

hub: Was sind die begehrtesten Anlageformen?

Löw: Unter den Sachwerten sind Aktien aus unserer Sicht am attraktivsten, und dies spiegelt sich auch klar bei der Nachfrage unserer Kunden wider.

hub: Der Rohstoffmarkt ist ja extrem unsicher. In welche Rohstoffe kann man mit relativ geringem Risiko investieren?

Löw: Rohstoffpreise sind dem Spiel von Angebot und Nachfrage ausgesetzt und deshalb liegen die Schwankungen auf dem Niveau von Aktien. Daher gibt es per se – und umso mehr nach der jüngsten Preisrallye – kein sicheres Rohstoffinvestment.

hub: Bei manchen Rohstoffen/Produkten explodieren die Preise. Ist das eine „Blase“, die irgendwann platzen wird? Mit welchen Auswirkungen ist zudem in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine zu rechnen?

Löw: Rohstoffinvestments stellen eine sehr gute Inflationsabsicherung dar, weshalb sie mit einer Performance von +42 % über die letzten zwölf Monate Aktien mit +17 % deutlich übertreffen konnten. Rohstoffe weisen allerdings auch ähn­liche Schwankungen wie Aktien auf, und im Gegensatz zu den Unternehmensgewinnen bei Aktien gibt es bei Rohstoffen keinen Treiber, der laufende Preisanstiege rechtfertigen würde. Dies zeigt sich beim Performancevergleich über die letzten zehn Jahre, die im Schnitt von niedriger Inflation geprägt waren, wo Aktien rund 14 % pro Jahr gewonnen haben, während ein breites Rohstoffinvestment rund 0,8 % pro Jahr verloren hat.

Bei der akuten Energiepreiskrise oder dem jüngsten Weizenpreisanstieg kann der Krieg in der Ukraine kurzfristig zu weiteren Verschärfungen führen. Abseits dieses nicht prognostizierbaren Konflikts gibt es aber einige Faktoren, die mittelfristig für ein Ende der überbordenden Rohstoffnachfrage und damit einhergehend der Rohstoffpreisanstiege sowie hohen Inflationsraten sprechen: Das Ende der Heizsaison auf der Nordhalbkugel könnte eine leichte Entspannung bei den Energiepreisen bringen und die in der Coronapandemie aufgestauten Konsumwünsche dürften im Laufe des Jahres langsam bedient werden können. In einem solchen Szenario drohen bei Rohstoffinvestments Verluste, während Aktien weiter eine gute Performance versprechen.

Insofern machen kurzfristig breite Rohstoffinvestments als Portfolioabsicherung für eine weitere Eskalation der Beziehung mit Russland Sinn, mittelfristig halten wir Aktien aber für deutlich attraktiver.

hub: Wie weit kann man im Moment – vor allem aus geopolitischer Sicht – überhaupt Prognosen zur Marktentwicklung wagen?

Löw: Aktuell erhöhen speziell der Ukrainekonflikt, aber auch andere geopolitische Ereignisse die Prognoseunsicherheit, die bei Rohstoffpreisen ohnehin hoch ist, nochmals. Die LLB ist der Meinung, dass die scharfen Rohstoffpreisanstiege mittelfristig langsam auslaufen dürften und in den nächsten Monaten speziell bei den heiss gelaufenen Energierohstoffen die Korrekturgefahr zunimmt.

Längerfristig dürfte der Megatrend zu ­einer nachhaltigeren und ökologischeren Wirtschaft für weitere Rohstoffpreisanstiege sorgen. Einerseits sind deswegen Investoren zurückhaltend bei der Kapitalvergabe an den „schmutzigen“ Energiesektor, was zu Unterinvestitionen bei der konventionellen Energieförderung und damit zu einer Beschränkung des zukünftigen Angebots führt. Andererseits sorgen neue Technologien wie beispielsweise die Elektromobilität für steigende Nachfrage bei anderen Rohstoffen wie Kupfer oder seltenen Erden.

hub: Welche Rolle spielen im Moment Gold und Immobilien?

Löw: Gold stellt als Krisenwährung eine sinnvolle Beimischung für die meisten Veranlagungsportfolios dar. Aufgrund der aktuellen Zinsentwicklung wäre ein tieferer Goldpreis durchaus gerechtfertigt. Diese Entkoppelung von den Zinsen dürfte auf den Safe-Haven-Status von Gold zurückzuführen sein, da zu aggressive Fed-Zinserhöhungen oder eine Ausweitung des Kriegs in der Ukraine auf Nachbarländer für weitere Zugewinne der Krisenwährung Gold sorgen könnten. Wir haben deshalb angesichts vermutlich sinkender Infla­tionszahlen und gleichzeitig zinsbedingt weiter steigender Opportunitätskosten für das Halten von Gold den jüngsten Goldpreisanstieg genützt, um das Goldgewicht in unseren Total Return Portfolios zu reduzieren.

Auch der Immobilienbereich war in den vergangenen knapp zwei Jahren von den Auswirkungen der Massnahmen zur Abwehr von Covid-19 betroffen. Wiederholt waren wir aufgrund staatlich angeordneter Massnahmen mit Betretungsverboten bei Retailflächen, in der Gastronomie, in Hotels und Freizeitimmobilien sowie harten Lockdowns für die gesamte Wirtschaft konfrontiert. Auf die einzelnen Immobilien-Asset-Klas­sen waren die Auswirkungen dieser grössten Wirtschaftskrise seit 90 Jahren durchaus unterschiedlich.

Während Wohnimmobilien – inklusive Sonderformen wie betreutes oder betreubares Wohnen und Seniorenwohnen –, Büros mit öffentlichen Mietern, Nahversorgungscenter sowie Logistikliegenschaften kaum oder gar nicht von der Krise betroffen waren und sich zum Teil sogar deutlich verteuerten, zählen die Gastronomie, Hotels und Freizeitimmobilien zu den Verlierern. Auch Einkaufscenter sowie innerstädtische ­Geschäftsstrassen – verstärkt durch das Ausbleiben der Touristenströme – hatten gegenüber gut etablierten Fachmarkt­centern das Nachsehen.

Auf die Bewertung von Immobilien hatten die Massnahmen zur Abwehr von Covid-19-Erkrankungen überschaubare Auswirkungen. Angetrieben von einer forcierten Nachfrage sowie einem günstigen wirtschaftlichen Umfeld mit sehr geringen Zinsen und spürbarer Inflation haben Immobilien auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ihre Resilienz bewiesen und sich als unverzichtbarer risikominimierender Portfoliobestandteil etabliert.

hub: Wie sieht die zukünftige Entwicklung bei „green investments“ aus? Was sind die Prioritäten der Anleger hier? Ist man bereit, langfristiger anzulegen bzw. akzeptiert man auch moderate Gewinne, wenn eine Anlage „grün“ ist?

Löw: Der Fokus auf Nachhaltigkeit in allen Dimensionen des Lebens wird sich mit dem ambitionierten Ziel der Klimaneutralität zukünftig noch intensivieren. Während der Megatrend Nachhaltigkeit mit Greta Thunberg und dem Vorstoss der Europäischen Kommission in den letzten drei Jahren bereits gewaltig an Fahrt aufgenommen hat, nimmt die Nachfrage der Anleger nun mit etwas Zeitverzögerung ebenfalls rapide zu.

Unsere Kunden wünschen mit „green investments“ einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Welt zu leisten und erfreulicherweise zeigen diverse Studien, dass eine „grüne“ Veranlagung keinen Verzicht bei der Rendite erfordert. Vielmehr bieten die anhaltenden Zuflüsse in „green investments“ die Chance, mittelfristig mit diesen sogar eine Rendite über dem breiten Markt zu erzielen. Der Anspruch der LLB-Gruppe ist es, verantwortungsvoll zu handeln und Werte zu schaffen. Wir verzichten daher bei unseren Rohstoffinvestments bewusst auf ­Agrarrohstoffe. Ebenso investiert der nachhaltige LLB Gold Fonds nur in „Green Gold“.   

www.llb.at

Dr. Robert Löw (C) Outline PicturesDie Liechtensteinische Landesbank ­(Österreich) AG ...

... betreut ein Vermögen von über 28 Mrd. Euro und hat 205 Mitarbeitende. Als 100%ige Tochter der Liechtensteinischen Landesbank AG (LLB), Vaduz profitiert die LLB Österreich zusätzlich von der Stabilität und hervorragenden Bonität ihrer Eigentümerin und kann auf die 160-jährige Erfahrung des traditions­reichsten Finanzinstituts im Fürstentum Liechtenstein bauen. Seit 2009 ist ­Österreich neben Liechtenstein und der Schweiz einer der drei erklärten Heimmärkte der LLB-Gruppe.

Dr. Robert Löw ...

... ist seit 2016 Vorstandsvorsitzender der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG. Der studierte Betriebswirt verfügt über langjährige Banken­erfahrung und ist in der LLB-Gruppe ­sowie im österreichischen Markt seit vielen Jahren bestens etabliert.

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