HKSÖL-Studie zur Wirtschaftsbeziehung Österreich-Schweiz

24.01.2022

Anlässlich der 100 Jahr Feierlichkeiten führte die Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein gemeinsam mit dem Management Center Innsbruck (MCI) Ende 2021 eine Studie zur Bedeutung der Wirtschaftsbeziehung Österreich-Schweiz durch.

Der langjährige Aufwärtstrend rund um neue Märkte und aufstrebende Wirtschaftsregionen im Fernen Osten hat durch Corona, Qualitäts-und Ethikfragen, genauso wie handelspolitische Barrieren einen empfindlichen Dämpfer erlitten. Folgende Fragen tauchen somit auf:

  • Gewinnt der wirtschaftliche Austausch mit dem Nachbarland eine Re-Regionalisierung und das „Qualitätsversprechen“ der Marke Schweiz wieder mehr an Bedeutung?
  • Wie wichtig ist in Zeiten von virtuellen Meetings der persönliche Kontakt?

Die Studienteilnehmer decken ein breites und ausgewogenes Spektrum an Wirtschaftsbereichen, unter anderem aus dem Bank- und Versicherungswesen, Bauwirtschaft, Gewerbe, Handel und der Industrie ab.

Themenbereich 1 – Gestaltung von Wirtschaftsbeziehungen

Für die Gestaltung ihrer Wirtschaftsbeziehungen messen die befragten Unternehmen ihren brancheninternen, persönlichen Kontakten die größte Bedeutung zu. Netzwerke und persönliche Empfehlungen haben an Bedeutung stärker gewonnen als branchenübergreifende Organisationen. Bezüge zum Wirtschaftsstandort Schweiz sind für gut die Hälfte der Befragten ebenfalls positiv besetzt, die relative Bedeutung ist aber deutlich geringer (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?

Themenbereich 2 – „Swissness“

Auf die konkrete Nachfrage, welche Vorteile es dem Unternehmen bringt, Swissness aktiv im Marketing einzusetzen, werden überwiegend Imageaspekte genannt wie beispielsweise „Reputation“, „Qualität, Sicherheit und Vertrauen“, „Zuverlässigkeit“ u.a. Swissnes steht für „Handschlagqualität und Persönlichkeit“, für „super Qualität zu den abgemachten Leistungen“ und damit für Termintreue, Korruptionsfreiheit und Ehrlichkeit.

Widersprüchliche Ansichten werden in Bezug auf die Preistoleranz geäußert. Während ein Unternehmen angibt, dass sich mit Schweizer Qualität trotz des grundsätzlich guten Rufs kein Mehrpreis (mehr) erzielen lässt, sehen andere auch heute eine „höhere Preistoleranz Erwartung (und Wertschätzung) des ‚Qualitätsversprechens‘ Schweiz“, denn die „Schweiz steht für Qualität. Qualität hat ihren Preis. Und unsere Kunden sind bereit, diesen Preis auch zu bezahlen.“

Swissness hat eine ausgeprägt lokale Charakteristik. Es werden Vorteile „vor allem bei Kunden in der Schweiz“ gesehen. In Bezug auf deutsche und österreichische Kunden nimmt man „keine Vorteile wahr, bei Schweizer Kunden sehen wir ein schnelleres ‚Brechen des Eis‘ und damit positive Effekte beim Beziehungsaufbau“.

Schließlich gibt es auch gänzlich nüchterne Stimmen, die Swissness als Marketinginstrument entweder schlicht als „ein Ausschreibungskriterium“ ansehen oder überhaupt „keine“ Vorteile zuschreiben.

Themenbereich 3 – Lieferketten

Während der Pandemie haben sich die Lieferketten für zwei Drittel der befragten Unternehmen verschlechtert. Dies ist für viele Unternehmen Anlass, über die zukünftige Änderung der Lieferketten nachzudenken (siehe Abbildung 2). Die meisten denken dabei an die Konzentration auf geografisch näherliegende Quellen, d.h. eine Verkleinerung des Einkaufsgebiets für Rohstoffe oder Vorprodukte, oder die Reduktion der Anzahl der Zwischenhändler. Auch eine geografische Verkleinerung des Vertriebsgebiets oder die Änderung der Transportmittel werden angedacht. Die Bedeutung des Transports auf dem Seeweg scheint dabei zurückzugehen zugunsten des Schienentransports, aber auch der Luftfracht.

Abbildung 2: Wie haben sich die Lieferketten Ihres Unternehmens während der Pandemie verändert?

Weitere Hinweise zur zukünftigen Neugestaltung der Lieferketten finden sich in den freien Kommentaren zum Thema. Für ein Unternehmen liegt der „Schwerpunkt definitiv im Bereich der Optimierung der Vorprodukte“, ein anderes plant das „Rückholen von einzelnen Komponenten (Produktionsbestandteile) nach Europa“. Dabei geht es auch um die „Recherche / Analyse von Absatzmärkten, die weniger Lieferkettenabhängig sind“, und zwar mit besonderem Fokus auf (West-)Europa). Ein weiteres hat bereits reagiert und zielt schon heute auf den „Direkteinkauf bei Produzenten wo möglich. Eigene Lieferungen werden nicht mehr von Paketdiensten durchgeführt, sondern direkt von uns selbst.“

Themenbereich 4 – Information und Kommunikation

Die Informationswege sind tendenziell eher traditionell ausgerichtet, in dem Sinne, dass der persönliche Austausch (informell oder auf Kongressen/Konferenzen) und die Lektüre von Fachpublikationen (auch Websites) mehr zählt als unternehmensspezifisches Informationsmaterial (Newsletter, Verbandspublikationen) oder Social Media (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Über welche Wege informieren Sie sich in Ihrer Industrie?

Ähnlich lassen sich auch die Kommunikationswege charakterisieren. Von Relevanz ist auch heute das persönliche Gespräch, ebenso wie verschiedene Formen des Face-to-Face-Austauschs (Meetings, Veranstaltungen, Einladungen) für die befragten Unternehmen. Die Außendarstellung über die eigene Website ist an Bedeutung etwa gleichauf. Schriftliche oder redaktionelle Beiträge (Newsletter, Presseaussendungen, Pressegespräche) spielen für die Unternehmenskommunikation eine eher untergeordnete Rolle (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Über welche Kanäle kommuniziert Ihr Unternehmen hauptsächlich?

Die große Bedeutung des persönlichen Austausches spiegelt sich auch in der Reihung der interessanten beruflichen Veranstaltungen. Zuoberst stehen wieder Fach- und Netzwerkveranstaltungen sowie Kongresse, am Ende sind die eher frontalen Formate (Vorträge, Podiumsdiskussionen) gereiht (siehe Abbildung 5).

Abbildung 5: Welche der folgenden beruflichen Veranstaltungen sind für Sie besonders interessant?
 

Wir danken allen teilnehmenden Unternehmen für Ihre Zeit und Antworten!

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