Macht Flexibilität produktiver?
Eine Studie der Harvard Business School gibt Auskunft

28.01.2020
Home Office
Flexible Arbeitsvereinbarungen machen nicht bei allen Arbeitsstellen Sinn. (Foto: Flamingo Images/stock.adobe.com)

Mitarbeitern die Wahl von Wohnort und Arbeitszeit zu überlassen, kann Ihnen und dem Unternehmen zu höherer Produktivität verhelfen.

Wissenschaftler der Harvard Business School haben nun nachgewiesen, was viele ohnehin schon lange vermuten: Unternehmen, die es ihren Mitarbeitern überlassen, wo und wann sie ihre Arbeit erledigen, steigern ihre Produktivität und senken Fluktuation sowie Organisationskosten.

Sie untersuchten flexible Arbeitsvereinbarungen, die das US-Patent- und Markenamt (USPTO) mit seinen Mitarbeitern abgeschlossen hatte. Das Amt führte 2012 das Telework Enhancement Act Pilot Program (TEAPP) ein. Vor TEAPP konnten ihre unabhängigen Prüfer von zu Hause arbeiten, solange sie maximal 50 Meilen vom USPTO-Hauptquartier entfernt wohnten. Sie mussten sich jedoch einmal pro Woche im Büro melden. TEAPP hingegen erlaubte volle Autonomie.

Milliardengewinn möglich

Im Rahmen der Studie wurde die Produktivität von 600 Prüfern verglichen. Es zeigte sich, dass die Produktivität um 4,4 % stieg, wenn Mitarbeitern vollste Flexibilität betreffend Wohnort und Arbeitszeit gewährt wurde. Basierend auf dem Durchschnittswert eines Patents könnte dieser Produktivitätsgewinn der US-Wirtschaft jedes Jahr einen Wertzuwachs von 1,3 Mrd. USD bringen, schätzen die Forscher.

Viele Mitarbeiter hatten bald auch noch mehr von ihrem Gehalt. Sie konnten in kostengünstigere Regionen ziehen, wodurch sich ihr Realeinkommen effektiv erhöhte. Auch die Umweltbilanz verbesserte sich, da der Pendlerverkehr massiv zurückging.

Die Grenzen der Flexibilität

Die Prüfer des US-Patentamts sind das Arbeiten alleine allerdings gewöhnt. Laut der Wissenschaftler muss dieses flexible Arbeitskonzept für andere nicht unbedingt funktionieren. Bei Arbeitsstellen mit hohem Koordinationsaufwand, bei denen sich die Mitarbeiter ständig miteinander austauschen müssen, würden die Ergebnisse vermutlich anders ausfallen. Hier könnte zu hohe örtliche und geografische Flexibilität der Mitarbeiter Unternehmen eher mit fallender Produktivität abstrafen.

Verpflichtende Bürozeit

Yahoo! ging daher etwa so weit, Arbeitnehmern nicht mehr zu erlauben, ihre Arbeit ausserhalb des Hauptquartiers zu verrichten. Als Gründe wurden die Notwendigkeit von Bürozeiten und Vorteile der ­spontanen Interaktion angeführt. Die Autoren der ­Studie vermuten aber, dass auch ein Mangel an Vertrauen ausschlaggebend sein könnte, dass also die Vorgesetzten Sorge haben, die Mitarbeiter würden zu wenig arbeiten. Hier könnte mehr Forschung über die Auswirkungen von flexiblen Modellen die nötige Transparenz bringen.

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