Wichtige Änderungen im Bereich Dienstvertrag
Ein Leitfaden für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Österreich

2 Mitarbeiter sprechen miteinander

Achtung: wichtige Änderungen im Bereich Dienstvertrag

Mit 28. März 2024 ist eine Novellierung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (kurz „AVRAG“) in Kraft getreten, die Änderungen bei der Ausstellung von Dienstzetteln mit sich bringt.

Zu beachten ist, dass gemäß § 2 AVRAG bei ab 28. März 2024 neu beginnenden Dienstverhältnissen folgende zusätzliche Angaben am Dienstzettel bzw. im schriftlichen Dienstvertrag verpflichtend anzuführen sind (sofern dies nicht bereits ohnehin in der betrieblichen Praxis gemacht worden ist):

  • Hinweis auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren,
  • Sitz des Unternehmens,
  • Kurzbeschreibung der Tätigkeit,
  • Art der Auszahlung des Entgelts,
  • ggf. Vergütung von Überstunden,
  • bei Schichtarbeit: Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen,
  • Name und Anschrift des Sozialversicherungsträgers,
  • Dauer und Bedingungen einer vereinbarten Probezeit,
  • ggf. Anspruch auf eine vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung.

Hinzuweisen ist, dass für (alte) Dienstverträge, die noch vor dem Stichtag 28. März 2024 abgeschlossen worden sind, ist keine Anpassung nötig, was aber nicht hindert, die zusätzlichen Angaben auf freiwilliger Basis vorzunehmen.

Des Weiteren ist zu beachten, dass Dienstzettel (bzw. schriftliche Dienstverträge) künftig unabhängig von der Dauer des Dienstverhältnisses ausgestellt werden müssen, also auch bei kürzer als einen Monat befristeten Dienstverhältnissen und bei fallweise Beschäftigten.

Überdies ist darauf aufmerksam zu machen, dass der Gesetzgeber das Nichtausstellen von Dienstzetteln (bzw. schriftlichen Dienstverträgen) künftig unter Strafe stellt.  Dem Arbeitgeber bzw. der Geschäftsleitung drohen bei einer Anzeige (bspw. seitens eines Arbeitnehmers, der keinen Dienstzettel bzw. schriftlichen Vertrag erhalten hat) Verwaltungsstrafen bis zu € 436,00, im Wiederholungsfall bis zu € 2.000,00.

Arbeitsaufzeichnungspflicht

Was bisher schon galt, aber in der Praxis leider nicht immer so umgesetzt wird, ist die Arbeitsaufzeichnungspflicht. Da diese in letzter Zeit von den Behörden (Arbeitsinspektorat) verschärft kontrolliert wird, möchten wir diesen Blog zum Anlass nehmen, um kurz auch noch auf diesen Punkt einzugehen:

Gemäß § 26 Arbeitszeitgesetz ist jeder Betrieb gesetzlich dazu verpflichtet, Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen. Wies dies gemacht wird, wird seitens des Gesetzgebers nicht vorgeschrieben, es liegt also im Ermessen des Arbeitgebers (dh. sie können elektronisch, insb. mittels Stempelsystem oder auch nur papiermäßig geführt werden).

Die Pflicht zum Führen von Zeitaufzeichnungen trifft gesetzlich den Arbeitgeber. Auch wenn in der Praxis in der Regel mit den Arbeitnehmer/innen vereinbart wird, dass diese die Aufzeichnungen selbst zu führen haben, bleibt der Arbeitgeber in der rechtlichen Verantwortung. Der Arbeitgeber hat somit die Arbeitnehmer/innen zur ordnungsgemäßen Führung der Aufzeichnungen anzuleiten und die Aufzeichnungen auch regelmäßig (jedenfalls einmal monatlich) zu kontrollieren.

Die Arbeitszeitaufzeichnungen müssen pro Arbeitnehmer/in enthalten:

  • Beginn der Arbeit (Uhrzeit) am jeweiligen Arbeitstag;
  • Ende der Arbeit (Uhrzeit) am jeweiligen Arbeitstag;
  • wenn die Arbeitszeit am jeweiligen Arbeitstag mehr als sechs Stunden dauert: Beginn und Ende
  • der (mindestens) 30-minütigen Ruhepause.

Wichtig zu wissen ist auch, dass die Vereinbarung einer fixen Arbeitszeit oder eines Dienstplans („Soll-Arbeitszeit“) das Aufzeichnen der tatsächlichen Dienste („Ist-Arbeitszeit“) im Regelfall nicht ersetzen kann. Jede Änderung der vereinbarten (Soll-)Arbeitszeit muss daher schriftlich vereinbart werden.

Arbeitszeitaufzeichnungen haben auch deshalb eine wichtige Relevanz, weil ohne diese keine ordnungsgemäße Gehalts- und Lohnverrechnung möglich ist. Insbesondere kann ohne genaue Kenntnis der tatsächlich erbrachten Arbeitszeiten (einschließlich Mehr- und Überstunden) die laut Rechtsprechung erforderliche jährliche Deckungsprüfung bei All-in-Mitarbeiter/innen und Überstundenpauschalen nicht durchgeführt werden.

Bei Zuwiderhandeln gegen diese Verpflichtungen drohen dem Arbeitgeber (bzw. der Geschäftsführung persönlich) empfindliche Sanktionen. Diese sind im Einzelnen:

  • Verwaltungsstrafen: Durch das nicht ordnungsgemäße Führen von betrieblichen Arbeitszeitaufzeichnungen drohen dem Arbeitgeber (bzw. der Geschäftsführung persönlich) Anzeigen durch das Arbeitsinspektorat, was Verwaltungsstrafen bis zu € 1.815,00 pro Arbeitnehmer/in nach sich ziehen kann.
     
  • Schätzung bei Lohnabgabenprüfungen: Wenn keine betrieblichen Arbeitszeitaufzeichnungen existieren, aber aus anderen Unterlagen (z.B. Reisekostenabrechnungen) Anhaltspunkte für die tatsächliche Erbringung von Mehr- und Überstunden ersichtlich sind, so ist der Lohnabgabenprüfer für Zwecke der Sozialversicherung zur Schätzung berechtigt. Daraus können sich Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen ergeben.
     
  • Hemmung von Verfallsfristen: Falls wegen des Fehlens von Zeitaufzeichnungen die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unmöglich oder unzumutbar ist werden kollektiv- oder dienstvertragliche Verfallsfristen gehemmt. Dies hat zur Folge, dass die Arbeitnehmer/innen die Nachzahlung von Mehr- und Überstunden nicht bloß innerhalb der Verfallsfrist (i.d.R. zwischen drei und sechs Monaten), sondern bis zum Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren geltend machen können.
     
  • Beweisprobleme: Zu bedenken ist, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung der Arbeitgeber die Richtigkeit der Arbeitszeiterfassung nachweisen muss. Wenn solche (seitens des Arbeitgebers kontrollierte/freigegebene) Arbeitsaufzeichnungen fehlen bzw. die Arbeitnehmer/innen eigene Aufzeichnungen vorlegen, ist es für den Arbeitgeber in der Regel sehr schwierig, dies zu widerlegen.

Es empfiehlt sich daher, im Betrieb der Arbeitsaufzeichnungspflicht ein besonderes Augenmerk zu schenken. 

 

Autor: Lic. iur. Michael Pérez

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Michael Pérez ist Rechtsanwalt und Partner bei Prettenhofer Raimann Pérez Tschuprina Rechtsanwaltspartnerschaft (LAWCO. Rechtsanwälte). Er hat seine juristische Ausbildung in der Schweiz abgeschlossen und war anschließend für einige Jahre in der Schweiz als Rechtsanwalt tätig. Seine Anwaltszulassung in Österreich erhielt er im Jahre 2006 und betreut seither von Wien aus speziell Mandanten mit bilateralen Verbindungen in die Schweiz und nach Österreich nach dem „One-Stop-Shop“-Prinzip. Der Fokus ist hier vor allem auf Rechtsfragen rund um Betriebsansiedlungen sowie grenzüberschreitende Vertriebs- und Handelstätigkeiten angelegt. 

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